Gründonnerstag - Das letzte Abendmahl

09. Apr 2020

Videobotschaft von Pfarrer Bartmann und Predigt von Diakon Debus

An Gründonnerstag feiern wir das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern. Dieses Mahl ist die Vorlage für unsere Kommunion geworden. Gedanken und Impulse von Pfarrer Bartmann.

Außerdem finden Sie hier auch die Predigt von Diakon Debus, die für den heutigen Tag vorgesehen war.

Wir wünschen Ihnen allen von ganzem Herzen Gottes Segen und sind im Gebet mit Ihnen verbunden.

Bleiben sie gesund.


Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

zunächst darf ich Sie ganz herzlich begrüßen. Gerne habe ich Ihnen die für Gründonnerstag vorgesehene Predigt in schriftlicher Form zu Verfügung gestellt.

Die Coronavirus-Epidemie legt das private und öffentliche Leben lahm und es scheint als gäbe es nichts anderes mehr. Rund um die Uhr Sondersendungen, Liveticker, jedes Gespräch, jeder Einkauf, im Nanu-Sekunden-Bereich die aktuelle Zahl der Erkrankten, der positiv getestete bzw. geheilten oder verstorbenen Patienten, jeder Kontakt – soweit man davon noch sprechen kann – handelt davon. Das Leben scheint erlahmt.  Ich möchte heute mit meiner Predigt, diesen Virus sprachlich und schriftlich entmachten, ja das geht, das böse Wort mit „C“ bekommt in meiner ganzen Predigt ab jetzt nicht einmal die Chance einer Silbe. Ich gebe diesem Wort mit „C“ ab jetzt nicht mehr den geringsten Raum der Entfaltung, des Gedankens oder einer Analogie. Der heimtückische Virus ist sozusagen liturgisch „Tod“.

Vielmehr möchte ich Sie einladen, sich dieser Intention anzuschließen. Denn wir feiern heute

Gründonnerstag.

Der Gründonnerstag steht ganz im Zeichen des Abschieds Jesu. Zum letzten Mal vor seinem Leiden und Sterben kommt er am Abend mit seinen zwölf Jüngern zusammen. Dabei stehen zwei außerordentliche Symbolhandlungen im Fokus, die Teil des Vermächtnisses Christi sind: das gemeinsame Mahl und die Fußwaschung der Jünger. Genau diese beiden Handlungen rückt auch die Kirche bei der Liturgie am Gründonnerstagabend in den Mittelpunkt. Die Heilige Messe vom letzten Abendmahl bildet dabei den Auftakt zum Höhepunkt des ganzen Kirchenjahres: zum sogenannten "Triduum Sacrum", den "Heiligen Drei Tagen von Leiden, Tod und Auferstehung des Herrn", die in der Osternacht gipfeln.

Unser Glaube gibt eine wunderbare Antwort auf die Freude und die Hoffnung, aber auch auf die Trauer und die Angst in unserem Leben. Gott ist bei uns und liebt uns bedingungslos. Aus seiner Liebe können wir nicht herausfallen, trotz all unserer Schwächen. Aus der Gottesliebe entsteht die Nächstenliebe. Die Freude am Dienst für den Nächsten war auch eine Grundmotivation bereits von Menschen in den ersten christlichen Gemeinden. Dienen, da denke ich auch an das Amt des Diakons. Der Diakon ist zum helfenden Dienst, zum Diener in besonderer Weise, berufen. Das sagt schon das aus dem Griechischen stammende Wort. Ich bin gerne Diakon dieser Gemeinde von St. Nazarius und habe mich deshalb auch gefreut als Pfr. Bartmann mich gebeten hat, den heutigen Impuls zu schreiben. Anderen dienen bereichert das eigene Leben, Dienen heißt nicht „der Trottel“ für andere zu sein, oder sich gar selbst zu „entwürdigen“. Dienen und Dienst hat in unserer Kirche eine ganz lange Tradition, dieses wird uns im heutigen Fest deutlich.

So wie der Dienst an den Geringsten unter uns, Begegnungen mit Christus ermöglicht, feiern die Christen seit ihren Anfängen in der Eucharistie die Begegnung mit unserem Herrn. Jesus selbst mit seinem Akt der Hingabe eine bleibende Gegenwart verliehen, durch die Einsetzung der Eucharistie während des letzten Abendmahls. Auch die johanneische Erzählung von der Fußwaschung im heutigen Evangelium (Joh 13,1-15) erschließt wie das Abendmahl den Tod Jesu als endgültige Besieglung seiner Liebe. Die Selbster-niedrigung Jesus in der Fußwaschung wird zur bildhaften Darstellung der gesamten Sendung. Eine Darstellung aus dem 11. Jahrhundert von Abendmahl und Fußwaschung hilft uns, den Zusammenhang der beiden Erzählungen in ihrer Bedeutung zu erschließen. Das folgende Bild zeigt aus dem Perikopenbuch Kaiser Heinrich II, um 1007, Abendmahl und Fußwaschung in wunderbarer Weise.

Abendmahl und Fußwaschung sind Kernerzählungen für das „was Kirche ist und sein will“ und „wofür die Kirche steht“. Gottes- und Nächstenliebe sind nun wirklich vereint. Beide gehören so zusammen, dass die Behauptung zur Gottesliebe zur Lüge wird, wenn der Menschen sich dem Nächsten verschließt oder sogar hasst. Das heutige Evangelium zu Gründonnerstag ist keine abstrakte Geschichte die der Evangelist Johannes vor 2000 Jahren verfasst hat, nein die frohe Botschaft ist in unser Leben im Jahr 2020 hineinbuchstabiert. Es hat etwas mit Ihnen, Euch, mit mir zu tun. Der unlösbare Zusammenhang von Eucharistie und Fußwaschung ist für uns in St. Nazarius zu Lorsch (…wie für alle anderen Gemeinden…) von elementarer Bedeutung. Der Dienst am Nächsten ist ein Ort der Gottesbegegnung, keine lästige Pflicht, kein moralisier Appell, kein reiner Humanismus und kein drängendes Almosen. Wer sich Gott zuwendet, kann gar nicht anders als sich den Menschen anzunehmen. Dies gilt auch für die eigene Person. Und umgekehrt kann die Abwendung vom Nächsten auch für Gott blind machen. Solidarische Liebe für die Armen sind also kein schmückendes Beiwerk, keine Vorfeldarbeit, die verzichtbar wären. Seien Sie achtsam anderen und sich gegenüber.

Liebe Schwestern und Brüder,

Gründonnerstag ist keine Momentaufnahme, sondern eine Einladung an uns als Gemeinde von St. Nazarius Lorsch. Das heutige Fest, das heutige Evangelium ist wie ein Kompass, denn Kirche und Pastoral haben den Auftrag in der Nachfolge Jesu Christi das Geheimnis der Liebe Gottes zu den Menschen zu offenbaren und zu verwirklichen.

  • Kirche ist ein Zeichen und ein Werkzeug dieser Liebe
  • Kirche ist dort, wo sie den Menschen in existenziellen Fragen und Nöten beisteht
  • Kirche ist dort, wo Christen dazwischen sind und sich einmischen, wenn es um ein besseres Leben geht, besonders für die Armen und Bedrängten
  • Kirche ist dort, wo Christen in ihrem Alltag sensibel und aufmerksam mir ihren Mitmenschen umgehen und
  • Kirche ist dort, wo sich Christinnen und Christen im gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Bereich engagieren.

Wichtig ist aber gleichzeitig, - und dies ist wichtig, dass

  • Kirche auch dort ist, wo Christinnen und Christen sich zum Gebet versammeln und die Erlösungstat Jesu Christi in Sakramenten und Taten erinnernd feiern und vergegenwärtigen.

Wenn die Kirche Eucharistie feiert, hält sie nicht nur ein Gedächtnismahl, sondern Christus bleibt in ihr Handeln gegenwärtig. Das von der Kirche unter Danksagung (griech. Eucharistie) zum Gedächtnis des Herrn begangene Mahl ist die wichtigste Versammlung des Volkes Gottes, der Gemeinde.  Wichtiger als bspw. jedes so noch schönes Pfarrfest, jeder Vortrag im Rahmen der Erwachsenbildung, jede Sitzung der Gremien oder von Arbeitskreisen zu den Prozessen und Strukturen. Gerade heute am Gründonnerstag wird der Bogen geschlagen zwischen der Erinnerung an den Abend vor Jesu Kreuzigung und der heutigen Zeit. Paradoxerweise werden gleich bei der Wandlung zwei Zeitformen miteinander in Verbindung gebracht. Wenn Pfr. Bartmann heute im Hochgebet beten wird: „Denn in der Nacht, da er verraten wurde –das ist heute! –nahm er das Brot und sagte Dank...“ Vergangenheit wird Gegenwart, Erinnerung wird bleibende Erinnerung, Verheißenes deckt sich mit seiner Erfüllung, wenn wir heute an diesen Abend damals zurückdenken. Deshalb erzählen wir sonntags nicht nur einander, was beim letzten Abendmahl passiert ist, sondern wir vollziehen es „live“ nach. Auch Kinder begreifen ja am besten das, was sie im Spiel einholen. So bilden auch wir ab, was uns wichtig ist, und belassen es nicht bei einer Beschreibung, damit wir nicht vergessen, dass Jesus sich für uns hingegeben hat: Im Brot, das wir essen, im Wein, den wir trinken, im Kreuz, das wir verehren. Nur aus diesem Geheimnis heraus können wir erklären, was Kirche ist: Eine Gemeinschaft, die sich gegen das Vergessen stemmt und sozusagen Demenz-Prophylaxe betreibt. Kirche ist eine Gemeinschaft, die damit so ihre Identität wachhält, die in dem eindrucksvollen Wort des Kirchenvaters Augustinus gipfelt, der vor dem Kommunionempfangs einer Gemeinde gesagt hat: „Empfangt, was ihr seid – Leib Christi. Werdet, was ihr empfangt – Leib Christi.“ Am Sonntag, dem Tag der Auferstehung Jesu. Am Gründonnerstag, dem Tag der Einsetzung der Eucharistie. Und das ist heute.

Seien Sie zuversichtlich und bleiben Sie gesund.

Ihr

Diakon Andreas Debus

So segne Sie und allen Menschen die Sie im Herzen tragen – besonders die Kranken – der dreifaltige Gott Vater + Sohn + Heiliger Geist.

Quelle: Bayerische Staatbibliothek
Quelle: Bayerische Staatbibliothek